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Bestätigung der Kostenregelung gemäß § 48 Abs 2 bis 4 iVm § 49 Abs 2 EisbG durch den VfGH

 | Eisenbahnkreuzungen

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis
G 179/2019 vom 26.2.2020
den Anträgen auf Aufhebung von § 49 Abs 2 iVm § 48 Abs 2 bis 4 EisbG wegen Verfassungswidrigkeit keine Folge gegeben.

Allerdings korrigiert der VfGH die bisherige Rechtsprechung des VwGH, wonach die Träger der Straßenbaulast (dh insb Gemeinden) keine Parteistellung im Verfahren über die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen hätten und spricht aus, dass auch der Träger der Straßenbaulast Parteistellung haben muss:

Gemäß der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu
§ 49 Abs 2 EisbG idaF BGBl. Nr. 899/1993 hatten die Träger der Straßenbaulast im Verfahren über die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung keine Parteistellung (VwGH 16.4.1997, 97/03/0001).

Trotz der fehlenden Parteistellung im Sicherungsverfahren hat der Träger der Straßenbaulast aber die Kosten für die Errichtung der Sicherungsanlage zzgl die Kosten der zukünftigen Erhaltung und Inbetriebhaltung mitzutragen, wobei das EisbG als Regelfall eine Aufteilung von grundsätzlich 50% zu 50% zwischen Träger der Straßenbaulast und Eisenbahninfrastrukturunternehmen vorsieht (vgl
§ 48 Abs 2 bis 4 EisbG iVm § 49 EisbG).

Aufgrund dieser Diskrepanz von Parteiengehör und Kostentragung hat ein Landesverwaltungsgericht in mehreren Verfahren die Aufhebung der Bestimmungen § 49 Abs 2 und § 48 Abs 2 bis 4 EisbG vor dem VfGH als verfassungswidrig beantragt.

Gemäß dem nunmehr vorliegenden Erkenntnis des VfGH hat dieser im Ergebnis entscheiden, dass nicht die Bestimmungen § 49 Abs 2 und § 48 Abs 2 bis 4 EisbG verfassungswidrig sind, sondern nur die bisherige Rechtsprechung des VwGH mit der Verfassung unvereinbar ist:

"Das in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angenommene Fehlen der Parteistellung des Trägers der Straßenbaulast im Verfahren über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung gemäß § 49 Abs. 2 erster Halbsatz EisbG erweist sich als mit dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG unvereinbar:
[…] Es ist mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, die Pflicht zur (anteiligen) Kostentragung für eine bescheidmäßig angeordnete Sicherung dem Träger der Straßenbaulast aufzuerlegen, aber nur dem Eisenbahnunternehmen die Partei-stellung in dem Verfahren zur Erlassung dieses (den Kostenanspruch begründen-den) Bescheides zu gewähren (vgl.
VfSlg. 12.240/1989). Da auch im nachgelagerten Kostenverfahren gemäß
§ 49 Abs. 2 EisbG keine Möglichkeit besteht, eine (allenfalls zu Unrecht) erfolgte bescheidmäßige Anordnung einer Sicherung zu bekämpfen (vgl.
VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050), werden Träger der Straßenbaulast in gleichheitswidriger Weise in ihren Parteirechten verletzt
[…] Alleine daraus ergibt sich jedoch nicht (eo ipso) die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen des
§ 48 Abs. 2 bis Abs. 4 und
§ 49 Abs. 2 EisbG. Weder aus deren Wortlaut noch aus dem Sinn der übrigen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1975 (noch aus den Materialien) geht die Absicht des Gesetzgebers hervor, die Parteistellung des Trägers der Straßenbaulast im Verfahren über die Anordnung einer Sicherung nach
§ 49 Abs. 1 EisbG auszuschließen. Die Bestimmungen des § 49 Abs. 2 EisbG sind daher einer verfassungskonformen Interpretation dahin, dem Träger der Straßenbaulast im Verfahren über die Anordnung der Sicherung eines Eisenbahnüberganges Parteistellung zu gewähren, zugänglich. Diese Auslegung ist auch wegen des Erfordernisses, eine Gesetzesbestimmung – soweit möglich – einer verfassungskonformen Auslegung zuzuführen, geboten."

(vgl VfGH G 179/2019, Seiten 28 bis 29)

Der VfGH hat somit die bestehenden Bestimmungen des EisbG über die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen bestätigt und nur die bisherige Rechtsprechung des VwGH zur Parteistellung der Träger der Straßenbaulast korrigiert.

2. Auswirkungen auf laufende, künftige und abgeschlossene Verfahren

2.1. Für laufende und zukünftige Verfahren über die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen bedeutet das Erkenntnis des VfGH, dass den Trägern der Straßenbaulast (insb. den Gemeinden) Parteistellung zukommt, dh insb. diese den Verfahren beizuziehen sind, das Recht zur Äußerung haben und Beschwerde einlegen können.

2.2. Für bereits (rechtskräftig) abgeschlossene Verfahren sind die Auswirkungen hingegen aus derzeitiger Sicht noch fraglich:

Denkbar wäre, dass die Träger der Straßenbaulast als übergangene Partei gelten und insofern nachträglich Bescheidzustellung beantragen und Beschwerde erheben könnten.

Die vom VfGH vorgenommene Rechtsauslegung der
§ 49 Abs 2 iVm § 48 Abs 2 bis 4 EisbG kann allerdings analog einer Gesetzesaufhebung gemäß
Art 139 Abs 6 und Art 140 Abs 7 B-VG Wirkung nur pro furturo bzw ex nunc besitzen. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann sich die Wirkung der Änderung der Rechtsauslegung durch den VfGH nicht auf rechtskräftig abgeschlossene Verfahren beziehen. Dies ergibt sich bereits aus folgendem Größenschluss:

Wenn nicht einmal der Aufhebung eines Gesetzes durch den VfGH eine rechtskraftdurchbrechende Wirkung zukommt, kann es eine solche rechtskraftdurch-brechende Wirkung umso weniger für eine bloße Änderung der Rechtsauslegung geben.

Auch aus dem Spruch des Erkenntnisses des VfGH
G 179/2019 ergibt sich keine (Bindungs)Wirkung der Behörden und Verwaltungsgerichte derart, dass den Trägern der Straßenbaulast Parteistellung auch in rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zukommen würde, sondern lautet der Spruch des Erkenntnisses lediglich darauf, dass die Anträge des Landesverwaltungsgerichts auf Gesetzesaufhebung zurück- bzw abgewiesen werden.

3. Des Weiteren äußert sich der VfGH zum Umfang der Kostenmasse der Kostenregelung des § 48 Abs 2 bis 4 iVm § 49 Abs 2 EisbG: „In die Kostenmasse sind – in sinngemäßer Anwendung des § 48 Abs 3 EisbG – jene Kosten einzubeziehen, die für die jeweilige behördliche angeordnete Sicherung des schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen.“

Dies bedeutet, dass diejenigen Kosten in die Kostenmasse fallen, die zur Umsetzung der mit Bescheid von der Behörde angeordneten Sicherungsart erforderlich sind.

Wolfgang Motter