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Zur Zulässigkeit der Kürzung des Ausgleichsanspruchs um 50% gem Art 7 Abs 2 lit c EU-VO 261/2004 auch noch während des Verfahrens

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Verfahrensgegenständlich war eine Verspätung eines Fluges von Wien nach Bangkok. Der Flug verspätete sich  derart, dass die 5 Kläger ihr Endziel statt wie geplant am 29.7.2019, 10.00 Uhr, erst am 29.7.2019, 13.35 Uhr, erreichten. Die Verspätung hat
3:35 Stunden betragen, die geplante Flugstrecke betrug nach der Großkreisberechnung mehr als 3500 km.

Die Kläger begehrten eine Ausgleichszahlung von € 600 pro Passagier, gesamt sohin € 3.000

Die Airline bezahlte nach Klagseinbringung unter Berufung auf Art 7 Abs 2 EU-VO 261/2004 eine Ausgleichszahlung von jeweils € 300 an jeden Passagier, gesamt sohin € 1.500.

Die Kläger hielten ihre verbleibende Klagsforderung über weitere  € 300 pro Passagier bzw gesamt € 1.500 allerdings weiter aufrecht und brachten u.a. vor, dass die Airline erst im Verfahren mit Schriftsatz  die Kürzung der Ausgleichszahlung unter Berufung auf Art 7 Abs 2 EU-VO 261/2004 um 50 % erklärt und damit ihr Gestaltungsrecht ausgeübt hätte.

Das BG Schwechat wies die verbleibende Klagsforderung von € 300 pro Passagier bzw gesamt € 1.500  mit Urteil vom 4.10.2021, 21 C 403/21d ab und führte begründend u.a. aus wie folgt:

"Art 7 Abs 1 lit c der Verordnung bestimmt die Höhe der Ausgleichszahlung bei allen nicht innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3.500 km mit € 600,00. Nach dessen Abs 2 ist die Ausgleichszahlung um 50 % zu kürzen, wenn gemäß Art 8 EU-VO 261/2004 eine anderweitige Beförderung zum Endziel mit einem Alternativflug angeboten wird, dessen Ankunftszeit nicht später als 4 Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges liegt. Nach der Entscheidung des EuGH zu C-402/07, Sturgeon u. a./Condor, ist diese Bestimmung auch auf die Fälle verspäteter Flüge anzuwenden. Diese Kürzung ist nicht von Amts wegen vorzunehmen, sondern setzt eine entsprechende Einrede voraus. Die Beklagte wandte ihr Kürzungsrecht ein, so dass den Klägern eine Ausgleichszahlung über lediglich je € 300,00, gesamt sohin
€ 1.500,00,
gebührte. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Die von den Klägern vorgenommene Klagseinschränkung von € 1.500,00 erfolgte aufgrund der am 27.9.2021 erfolgten Zahlung der Beklagten. In diesem Umfang war die Klagsführung durch die Beklagte veranlasst und berechtigt. Betreffend des darüber hinausgehenden Anspruches über weitere € 1.500,00 sind die Kläger dagegen als unterlegen zu betrachten. Wie ausgeführt war die Beklagte berechtigt den Ausgleichsanspruch entsprechend Art 7 Abs 2 lit c EU-VO 261/2004 um 50 % zu kürzen. Die Kläger mussten schon vor Klagseinbringung damit rechnen, dass die Beklagte diesen Einwand erheben könnten. Auch wenn die Beklagte diesen Einwand erstmals im Zuge des gegenständlichen Verfahrens erhob kommt eine analoge Anwendung des § 45 ZPO nicht in Betracht. So führen auch andere anspruchsvernichtende Umstände die nur über Einwand wahrzunehmen sind nicht zu einem abgehend des Erfolgsprinzip im Kostenrecht(vgl LG Korneuburg 22 R 202/20s)"

Wolfgang Motter