Aktuelles

Einschränkung der Regressmöglichkeit des Transportversicherers durch § 37 lit d AÖSp!

 | Speditionsrecht

1.         Zum Abschluss einer Transportversicherung des Gutes ist der Spediteur gemäß § 35 lit a AÖSp nur verpflichtet, soweit ein ausdrücklicher Auftrag dazu unter Angabe des Versicherungswerts und der zu deckenden Gefahr vorliegt.

Versichert der Auftraggeber – wie im Regelfall häufig der Fall – selbst, so ist gemäß dem Wortlaut von § 37 lit d AÖSp „jeder Schadenersatzanspruch aus den durch diese Versicherung gedeckten Gefahren gegen den Spediteur ausgeschlossen, geht also nicht auf den Versicherer über.“

Gemäß dem langjährigen Rechtssatz des OGH RIS Justiz RS0110473 allerdings  handelte es sich bei § 37 lit d AÖSp um einen den (Transport)Versicherer nicht bindenden Vertrag zu seinen Lasten zwischen einem Versicherungsnehmer und dem Frachtführer. Ein Regress des Transportversicherers war im Hinblick auf diese Judikatur des OGH sohin dennoch möglich.

2.         Mit der Entscheidung des OGH 24.06.1999 zu GZ 2 Ob 377/97y erfolgte jedoch eine „Klarstellung“ dieser Judikatur, die in der Praxis allerdings für Verwirrung sorgte: “ § 37 lit d AÖSp ist im Bereich der zwingenden Haftungsbestimmungen der CMR (Art 41) unwirksam. Nur dann, wenn die Klausel, wonach bei Bestehen einer Transportversicherung jeder Schadenersatz gegen den Spediteur ausgeschlossen ist, unwirksam ist, ist die Vereinbarung, daß ein solcher auch nicht auf den (Transport-)Versicherer übergeht, ein den Versicherer nicht bindender Vertrag zwischen seinem Versicherungsnehmer und dem Frachtführer zu seinen Lasten“

Das OLG Wien, das § 37 lit d AÖSp  in seiner Entscheidung zu  GZ 15 R 133/15m vom 24.11.2015 zu beurteilen hatte, führte zu dieser Entscheidung des OGH zunächst noch aus wie folgt:

“ Etwas missverständlich ist daher die vom Erstgericht zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 2 Ob 399/97y, worin er (obiter) ausführt, dass § 37 lit d AÖSp die Legalzession nach § 67 VersVG gar nicht abbedinge, weil durch diesen Haftungsauschluss kein Anspruch enstehe. Diese Argumentation wäre aber – isoliert für sich allein betrachtet – inkonsequent, weil sie das vorliegende Dreipersonen-Verhältnis zwischen dem Versender/Auftraggeber, dem Spediteur und dem Transportversicherer nur eindimensional (zwischen den Parteien des Transportvertrages) betrachtet, ohne den Versicherungsvertrag zu berücksichtigen. Im Verhältnis zwischen dem Transportversicherer und seinem Versicherungsnehmer, dem Versender müsste Ersterer bei Eintritt der versicherten Gefahren (zB Verlust) zwar leisten, ohne aber Regress an den Schaden verursachenden Transporteur nehmen zu können. Dem Versender mag daher zwar aufgrund des mit dem Spediteur vereinbarten Haftungsausschlusses kein Anspruch entstanden sein, wohl aber gegenüber seinem Versicherer aus dem mit diesem angeschlossenen Versicherungsvertrag. (Nur) der zum Regress berechtigte Transportversicherer könnte daher wirksam auf das ihm durch § 67 VersVG eingeräumte Regressrecht gegen den Schädiger verzichten (RIS-Justiz RS0081382).“

Zur Klarstellung der Rechtsprechung im Hinblick auf die Entscheidung 2 Ob 377/97y zu § 37 lit d AÖSp ließ das OLG Wien den Rekurs des Beklagten an den OGH jedoch zu.

3.         In der nunmehr vorliegenden Entscheidung des OGH vom 30.11.2016 zu GZ 7 Ob 2/16v stellte dieser zu § 37 lit d AÖSp klar, dass § 37 lit d AÖSp  eine vom Auftraggeber zugunsten des Spediteurs vorgenommene Haftungsfreizeichnung und kein Vertrag zu Lasten des Versicherers ist, die – sofern nicht durch zwingendes Frachtrecht verdrängt – grundsätzlich wirksam ist und einen Regress des Transportversicherers ausschließt:

 „Der erkennende Fachsenat vermag sich dem in der bisherigen Judikatur vertretenen Regelungsverständnis von § 37 lit d AÖSp nicht uneingeschränkt anzuschließen:

§ 37 lit d AÖSp ist eine vom Auftraggeber zugunsten des Spediteurs vorgenommene Haftungsfreizeichnung und kein Vertrag zu Lasten des Versicherers. Der letzte Halbsatz des § 37 lit d AÖSp („geht also nicht auf den Versicherer über“) hat keinen eigenständigen Regelungsgehalt, sondern ist die nach Ansicht der Vertragsparteien aus der vorangehenden Haftungsfreizeichnung (vermeintlich) resultierende Rechtsfolge. Hat der Versicherungsnehmer seinen Anspruch gegen den Dritten nicht wirksam aufgegeben, also bei Unwirksamkeit der Haftungsfreizeichnung, bleibt daher der auf § 67 VersVG beruhende Regressanspruch des Versicherers gegen den Dritten bestehen. Hat dagegen der Versicherungsnehmer seinen Anspruch gegen den Dritten – wirksam – aufgegeben, so entfällt damit auch der Regressanspruch des Versicherers gegen den Dritten. Die in diesem Fall an diese Haftungsfreizeichnung anknüpfenden Rechtsfolgen erschließen sich nicht über das Rechtsinstitut des Vertrags zu Lasten eines Dritten, sondern aus dem dafür einschlägigen Regelungskonzept des § 67 VersVG.“

4.         Diese Auslegung von § 37 lit d AÖSp durch den OGH hat für den Transportversicherer zur Konsequenz, dass dieser außerhalb von zwingendem Frachtrecht – das § 37 lit d AÖSp verdrängt –  grundsätzlich keine Regressmöglichkeit gegen den Spediteur hat.

Dies kann insbesondere im Fall der Anwendbarkeit von innerstaatlichem Eisenbahnfrachtrecht nach dem EisbBFG (das keinen Verweis auf die zwingende Geltung nach Art 5 CIM enthält) sowie von Seerecht nach dem UGB (bei Nichtausstellung eines Konnossements gemäß § 662 UGB) von Bedeutung sein.

5.         Als möglicher Ausweg kann der Nachweis von groben Verschulden (oder Vorsatz) des Spediteurs in Frage kommen. Gemäß § 51 lit b AÖSp wird die Haftung des Spediteurs bei Vorsatz oder grobem Verschulden nämlich weder beschränkt noch aufgehoben und gilt dies nach herrschender Ansicht auch für § 37 lit d AÖSp.

Für den Transportversicherer kann zudem ein weiterer Ausweg bestehen: die Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherungsnehmer. In der Entscheidung vom 30.11.2016 zu GZ 7 Ob 2/16v spricht der OGH hierzu aus:

„Der Versicherer ist demnach gegen Dispositionen zu seinen Lasten insofern geschützt, als er in (analoger) Anwendung des § 67 Abs 1 letzter Satz VersVG von seiner Leistungspflicht befreit ist, soweit die Haftungsfreizeichnung durch den Versicherungsnehmer einen – hier allerdings nicht zuprüfenden – Verstoß gegen das Aufgabeverbot darstellt.“

6.         Abschließend hinzuweisen ist, dass der Inhalt der Bestimmung des § 37 lit d AÖSp (Abschluss einer Transportversicherung durch den Kunden) sich auch in § 39 lit d AÖSp für den Bereich der Speditionsversicherung wiederfindet: „ Versichert der Auftraggeber die Speditionsversicherung selbst, so ist jeder Schadenersatzanspruch aus den durch diese Versicherung gedeckten Gefahren gegen den Spediteur ausgeschlossen, geht also nicht auf den Speditionsversicherer über.“ (insbesondere von Bedeutung für Verbotskunden).

Die Problematik rund um die Regressbeschränkung des Transportversicherers stellt sich sohin auch im Bereich der Speditionsversicherung, wobei die Rechtsgrundsätze  zu § 37 lit d AÖSp auf § 39 lit d AÖSp umzulegen sind. Als möglichen Ausweg kann dem Versicherer sohin allenfalls der Nachweis von groben Verschulden (oder Vorsatz) des Spediteurs gemäß § 51 lit b AÖSp oder Leistungsfreiheit dienen.