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Keine Haftung des Eisenbahninfrastruktur­unternehmens nach EKHG im Anwendungsbereich der CUV

 | Eisenbahnfrachtrecht

Ein Halter eines bei einer Entgleisung beschädigten Eisenbahnwaggons begehrte vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen Schadenersatz auf Basis der verschuldensunabhängigen Haftung des EKHG.

Liegt jedoch ein Wagenverwendungsvertrag für einen internationalen Eisenbahngüterverkehr nach den CIM vor, richtet sich die Haftung des Infrastrukturbetreibers ausschließlich nach den CUV (dies allenfalls in Verbindung mit dem AVV). Der OGH führt in seiner Entscheidung zu GZ 2 Ob 18/16k vom 23.2.2017 hierzu mitunter aus:

Die CUV regeln das Wagenverwendungsrecht zwischen demjenigen, der einen Wagen als Beförderungsmittel zur Verfügung stellt, insbesondere dem Halter des Wagens, und dem den Wagen verwendenden EVU [Eisenbahnverkehrsunternehmen, Anmk.]. Die Bestimmungen der CUV sind weitgehend – selbst im Bereich der Haftung – dispositiver Natur. Sie werden durch den für die Wagenverwendung im nationalen wie im internationalen Eisenbahngüterverkehr geltenden AVV konkretisiert, ergänzt und modifiziert. Der AVV ist ein multilateraler Vertrag, der zufolge dessen Art 2.3 durch abweichende Vereinbarungen einzelner Vertragsparteien bilateral verdrängt werden kann. Art 4 § 1 CUV regelt die Haftung des verwendenden EVU bei Beschädigung eines Wagens in gleicher Weise wie jene des Beförderers in Art 24 § 1 CIM: Das den Wagen verwendende EVU haftet für Schäden an verwendeten Wagen, „wenn es nicht beweist, dass der Schaden nicht durch sein Verschulden verursacht worden ist “.

Die Bestimmung statuiert eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast („vermutetes Verschulden“), wobei der Begriff des Verschuldens dem ergänzend anwendbaren nationalen Recht entnommen werden kann. Der AVV wiederholt diesen Haftungsgrundsatz in Art 22.1 und nennt in Art 22.2 einzelne, eingangs bereits wiedergegebene Haftungsausschlussgründe.

Art 9 und 10 CUV enthalten den Art 40 und 41 CIM vergleichbare Haftungsregeln zugunsten des Betreibers der Eisenbahninfrastruktur. Art 9 § 2 CUV erklärt im Rahmen der Wagenverwendung den Infrastrukturbetreiber zum Erfüllungsgehilfen des einen fremden Wagen verwendenden EVU. Anders als Art 40 CIM lassen die CUV abweichende Vereinbarungen der Parteien des Wagenverwendungsvertrags zu.

Der AVV enthält jedoch keine abweichende Vereinbarung gegenüber Art 9 CUV, sondern schweigt zur Rolle des Infrastrukturbetreibers. Daher bleibt bei Anwendung dieses Vertrags die Regelung des Art 9 § 2 CUV unverändert. Gemäß Art 10 § 3 CUV kann sich der Infrastrukturbetreiber, wenn er wegen Verlusts oder Beschädigung des verwendeten Wagens direkt in Anspruch genommen wird, auf die Haftungsvoraussetzungen und -beschränkungen des Art 4 CUV und des Verwendungsvertrags berufen. Das ist insbesondere für den – hiervorliegenden – Fall von Bedeutung, in welchem ein EIU [Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Anmk.] aus dem Titel der Gefährdungshaftung in Anspruch genommen wird. Die Haftungsregeln der CUV iVm dem AVV verdrängen jene des EKHG.